Der zufällige Fund von Briefen und Fotos im Haus der verstorbenen Eltern ermöglichte es Barbara Stellbrink-Kesy, die Lebensgeschichte ihrer bis dahin totgeschwiegenen Großtante Irmgard Heiss, geboren 1897 als Irmgard Stellbrink, zu rekonstruieren. Irmgard entzog sich den geltenden Moral- und Geschlechterrollenvorstellungen ihrer Zeit, sie ging als junge Frau allein nach Berlin, heiratete, obwohl aus einer bürgerlichen Familie stammend, einen Arbeiter, ließ sich später scheiden und wollte selbst für ihre Kinder sorgen. Von ihrer Familie wurde sie in verschiedenen Heilanstalten untergebracht und geriet dort in den Sog der sich ausbreitenden Vorstellungen von minderwertigem Leben. Nur knapp entging sie der Tötung durch die „T-4-Aktion“ in der dezentralen Phase der Patiententötungen und starb 1944 an den Folgen der schlechten Behandlung in den Anstalten. Irmgards Geschichte ist ein Teil einer weniger bekannten Seite des Nationalsozialismus, die nicht minder erschreckend ist. Sie zeigt auch, wie Geschichte in Familien transgenerationell weiterwirkt und wie wichtig es ist, dass die unerhörten Geschichten gehört werden.
Datum: Dienstag, 20. September, 19 – 20.30 Uhr
Ort: Dorothee-Sölle-Haus, Königstr. 54, Hamburg-Altona
Kosten: 7 €, Ermäßigung möglich
Veranstalterin: Frauenwerk der Nordkirche, mit freundlicher Unterstützung durch das Frauen*bildungszentrum DENKtRÄUME, die Evangelische Akademie er Nordkirche und das Frauenwerk Hamburg-West/Südholstein