Mut und Prophetie

Abigajil - Geschichte in Bildern von Gerhard Schneider

Abigajil ist eine Frau aus dem Alten Testament, die als klug und schön beschrieben wird und die sich durch ihr beherztes Handeln auszeichnet. Ihr Ehemann, der reiche Bauer und Viehbesitzer Nabal, gerät mit dem zukünftigen König David in Konflikt. Abigajil greift ein und verhindert, politisch geschickt und hellsichtig, Gewalt und Blutvergießen. Sie redet prophetisch, erweist sich als gute Beraterin und wird nach Nabals Tod Davids Frau.

 

[mit der BasisBibel nacherzählt von Franziska Pätzold]

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Abigajil, die weise Frau

Es war in der Zeit als Samuel starb. Alle Leute aus Israel kamen zusammen und trauerten um ihn. David aber zog weiter in die Gegend von Maon.

In Maon, beim Dorf Karmel, lebte ein Mann, der dort Viehwirtschaft betrieb. Er war sehr reich. Ihm gehörten 3000 Schafe und 1000 Ziegen. Er war gerade beim Scheren seiner Schafe. Der Mann hieß Nabal und seine Frau Abigajil. Sie war eine kluge und sehr gut aussehende Frau. Nabal aber war ein harter Mensch und bösartig in seinen Taten.

David hörte in der Wüste davon, dass Nabal beim Scheren seiner Schafe war. Da schickte David zehn junge Männer los und sagte zu ihnen:

„Zieht hinauf nach Karmel, geht zu Nabal und begrüßt ihn in meinem Namen! Richtet ihm von mir aus: Ich wünsche dir Glück das ganze Jahr! Es soll dir und deiner Familie gut gehen und auch deinem ganzen Besitz. Ich habe gehört, dass du deine Schafe scheren lässt. Da möchte ich dich daran erinnern, dass deine Hirten sich bei uns aufgehalten haben. Und wir haben ihnen nichts zuleide getan. Kein einziges Schaf ist ihnen weggekommen, solange sie bei uns gewesen sind. Frag nur deine Leute, die werden es dir bestätigen. So bitte ich dich jetzt für meine Männer, dass du dich ihnen gegenüber genauso großzügig zeigst. Wir sind ja an einem Festtag gekommen. Gib also deinem Sohn David und seinen Männern, was du gerade zur Hand hast!“

Die Männer richteten Nabal alles genauso aus, wie David es ihnen aufgetragen hatte. Nabal aber gab ihnen folgende Antwort:

„David? Wer ist denn das? Wer ist schon der Sohn Isais? Was sich doch heute so alles herumtreibt! Jede Menge Sklaven, die ihrem Herrn weggelaufen sind! Ja, ich habe Brot, Wein und Schlachtfleisch. Aber das bekommen die, die meine Schafe scheren. Auf keinen Fall werde ich davon etwas abgeben – schon gar nicht Leuten, von denen ich nicht mal weiß, woher sie kommen!“

Da kehrten die Männer Davids auf der Stelle um und als sie bei David ankamen, berichteten sie ihm alles. Daraufhin sagte David zu seinen Männern: „Nehmt euer Schwert und hängt es euch um!“ Da griff jeder zu seinem Schwert, auch David. Dann zogen sie mit David los, etwa 400 Mann.

Bei den Hirten des Nabal aber war ein junger Mann. Der informierte Abigajil, die Frau Nabals, über das, was vorgefallen war:

„Achtung, David hat Boten aus der Wüste geschickt. Die überbrachten unserem Herrn eine Grußbotschaft. Doch Nabal hat sie übel beschimpft. Dabei waren die Männer doch gut zu uns. Sie haben uns nichts zuleide getan. Kein einziges Schaf ist uns weggekommen, solange wir mit ihnen herumgezogen sind – draußen auf dem freien Feld. Tag und Nacht boten sie uns Schutz, als wir die Schafe in ihrer Nähe weiden ließen. Jetzt überleg dir und sieh zu, was du tun kannst! Denn das Unheil ist wohl eine beschlossene Sache, das unserem Herrn und seinem ganz Haus droht. Er aber ist so ein übler Mensch, dass man mit ihm darüber nicht reden kann.“

Da nahm Abigajil schnell 200 Brote, zwei Krüge Wein, fünf fertig zubereitete Schafe, fünf Säckchen mit geröstetem Korn, dazu 100 Rosinenkuchen und 200 Feigenkuchen. Das alles packte sie auf die Esel. Ihrem Mann Nabal aber sagte sie nichts davon.

Abigajil ritt auf ihrem Esel David und seinen Männer entgegen. Plötzlich trafen sie aufeinander. Gerade noch hatte David geschimpft:

„Für nichts und wieder nichts habe ich aufgepasst. Alles, was diesem Kerl gehört, habe ich in der Wüste beschützt. Nichts ist weggekommen von seinem Besitz. Doch statt dass er sich dafür bei mir bedankt, hat er mich schlecht behandelt. Gott soll mir antun, was immer er will! Aber ich werde keinen von Nabals Leuten am Leben lassen. Bis zum Morgen sind sie alle tot.“

Abigajil, die Prophetin

Als Abigajil sah, dass David ihr entgegenkam, stieg sie schnell von ihrem Esel und verneigte sich vor David bis zur Erde. Sie warf sich mit dem Gesicht auf den Boden. Wie sie David so zu Füßen lag, sagte sie:

„Mein Herr, es ist alles meine Schuld! Erlaube doch deiner Magd, offen mit dir zu reden! Bitte, hör dir an, was deine Magd zu sagen hat! Mein Herr, du darfst Nabal nicht ernst nehmen, diesen üblen Kerl. Denn er ist so, wie er mit Namen heißt. Nabal bedeutet Dummkopf, und dumm ist er. Mein Herr, du hast deine Männer zu uns geschickt. Ich aber, deine Magd, war nicht da, als sie kamen.

Und nun, mein Herr, erinnere ich dich daran – beim Leben unseres Gottes und bei deinem Leben: Gott selbst hat dich daran gehindert, dass du schwere Schuld auf dich geladen hast. Noch hast du nämlich kein Blut vergossen und dich nicht mit eigener Hand gerächt. Deinen Feinden aber soll es wie Nabal ergehen. Nabal wird bestimmt seine Strafe bekommen und alle, die meinem Herrn schaden wollen.

Bitte, nimm jetzt dieses Geschenk an, das deine Magd ihrem Herrn mitgebracht hat. Du sollst es unter deinen Männern verteilen. Verzeih deiner Magd ihre Offenheit! Gott wird dir zu einem Königshaus verhelfen, das Bestand hat. Denn durch dich führt Gott seine Kriege. Man wird dir nichts Böses vorwerfen können dein ganzes Leben lang.

Und doch gibt es einen Menschen, der dich verfolgt und dich umbringen will. Trotzdem wird mein Herr sein Leben nicht verlieren. Denn Gott bewahrt die Menschen, die in das Bündel des Lebens eingebunden sind. Dagegen wird er das Leben deiner Feinde wegschleudern wie einen Stein mit der Schleuder. Auch wird Gott all das Gute tun, das er dir zugesagt hat. Er wird dich zum königlichen Hirten bestimmen, sodass du über Israel herrschst. Dann aber sollte mein Herr nichts bereuen müssen.

Du musst dir nicht vorwerfen, dass du unnötig Blut vergossen und dich mit eigener Hand gerächt hast. Sonst könnte das für dich ein Hindernis sein und ein Stein des Anstoßes. Wenn also Gott es gut mit dir meint, dann denk an deine Magd!“

Da sagte David zu Abigajil: „Gelobt sei der Gott Israels! Er hat dafür gesorgt, dass du mir heute begegnet bist. Und gelobt sei deine Klugheit! Du sollst gesegnet sein, weil du mich heute vor Schuld bewahrt hast. Doch das schwör ich dir beim Leben unseres Gottes, dem Gott Israels, der mich daran gehindert hat, dir etwas Böses anzutun: Wenn du mir nicht so schnell entgegengekommen wärst, hätte ich keinen von Nabals Leuten am Leben gelassen. Noch vor Anbruch des Tages hätte ich sie alle getötet.“

Dann nahm David die Gaben an, die Abigajil ihm mitgebracht hatte, und sagte zu ihr: „Nun geh in Frieden nach Hause! Ich habe auf dich gehört und deine Bitte erfüllt.“

Abigajil, die Frau Davids

Als Abigajil zu Nabal nach Hause kam, feierte der gerade ein ausgelassenes, geradezu königliches Fest. Nabal war bester Stimmung und schwer betrunken. Darum erzählte sie ihm nichts bis zum andern Tag. Am nächsten Morgen aber, als er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, erzählte ihm seine Frau die ganze Geschichte.

Da erlitt Nabal einen Schlaganfall und lag regungslos da wie ein Stein. Nach weiteren zehn Tagen ließ Gott ihn sterben.

Als David hörte, dass Nabal gestorben war, sagte er: „Gelobt sei Gott! Er hat diese Angelegenheit für mich zu Ende gebracht und Nabal für seine Unverschämtheit bestraft. Dadurch hat er seinen Knecht vor Schuld bewahrt. Denn das Böse, das Nabal tat, hat Gott auf ihn zurückfallen lassen.“

Daraufhin schickte David Boten zu Abigajil und ließ ihr ausrichten, dass er sie heiraten wolle. Die Boten Davids kamen also zu Abigajil nach Karmel und sagten zu ihr: „David hat uns zu dir geschickt, er möchte dich zur Frau nehmen.“

Da stand sie auf, verneigte sich mit dem Gesicht zur Erde und sagte: „Hier ist deine Magd! Sie ist ja nur eine Sklavin, die dazu da ist, den Knechten meines Herrn die Füße zu waschen.“

Dann machte sich Abigajil schnell auf den Weg. Sie setzte sich auf ihren Esel, und ihre fünf Dienerinnen folgten ihr. So ritt sie den Boten hinterher und wurde Davids Frau.